Die Rolle der arabischen Sprache (des Arabischen) im Islam

In keiner Buchreligion (Buchreligionen sind dem Namen nach solche, die sich auf eine oder mehrere (heilige) Schrift(en) berufen. Als solche gelten das Judentum, (Tora), das Christentum Bibel) und der Islam (Koran)) ist Sprache so eng mit der Offenbarung verbunden wie im Islam.

Die Offenbarung wird durch einen Mittler Gottes, im Islam dem Propheten Mohammad weitergegen: Allah hat den Koran direkt an Mohammad gegeben. Nicht nur der Inhalt stellt ein Wunder da, sondern auch seine reine und perfekte Form. Nach muslimischer Tradition war Mohammad ein Analphabet und ein Schreib- und Leseunkundiger konnte ein solch sprachliches Meisterwerk nach Meinung der muslimischen Apologeten nicht hervorgebracht haben, sondern dies konnte nur durch göttliches Wirken geschehen sein. Der Koran wurde somit direkt von Gott gegeben. Das macht ihn im Bewusstsein der Muslime besonders und grenzt ihn von allen anderen (Buch)Religionen ab.

In mehreren Suren wird darauf hingewiesen, dass der Koran in arabischer Sprache offenbart wurde. So heißt es in Sure 43, Vers 3:

 Wahrlich, Wir haben ihn zu einem Qur’an in arabischer Sprache gemacht, auf dass ihr (ihn) verstehen möget.

Durch den hohen Anspruch nur Arabisch wirklichen Zugang zum Koran ermöglicht mussten alle Versuche die jeweilige Muttersprache der Gläubigen als Gebetssprache zu etablieren zum Scheitern verurteilt sein. Gebet bedeutet auch den Glauben an die Offenbarung. Nur durch Arabisch konnte diese Offenbarung verstanden werden. Deshalb hat sich Arabisch als Sprache der Offenbarung etabliert.

Die Vollkommenheit der Rhetorik des Korans ist der Grund, weshalb der Koran für Muslime als unübersetzbar gilt. Aber es gibt kein Übersetzungsverboit, denn der Sinngehalt soll auch denen zugänglich werden, die nicht des Arabischen mächtig sind.

Anhand der Sure 112 (الإخلاص – Der Glaube ohne Vorbehalt) möchte   hier aufzeigen wie unterschiedlich die Übersetzungen dieser Sure ins Deutsch von den bekannte Orientalisten Rückert und Paret ausfallen:

Das Original:

قُلْ هُوَ ﭐللهُ أحَدٌ
أللهُ الصَّمَدُ
لَمْ يَلِدْ وَلَمْ يُولَدْ
وَلَمْ يَكُنْ لَهُ كُفُوًا أَحَدٌ

Übersetzung nach Rückert:

Sprich: Gott ist Einer,
Ein ewig reiner,
Hat nicht gezeugt und ihn gezeugt hat keiner,
Und nicht ihm gleich ist einer.

Ubersetzung nach Paret:

Sag: er ist Gott, ein Einziger, 2 Gott, durch und durch (er selbst)(?) (w. der Kompakte) (oder: der Nothelfer (?), w. der, an den man sich (mit seinen Nöten und Sorgen) wendet, genauer: den man angeht?). 3 Er hat weder gezeugt, noch ist er gezeugt worden. 4 Und keiner ist ihm ebenbürtig.“

Und dies ist die kürzeste aller Sure. Außerdem kennt das Arabische bestimmte grammatikalische Formen, die im Deutschen nicht bekannt sind.

Die ab dem 7. Jahrhundert beginnende islamische Expansion ist auch eine Expansion der arabischen Sprache. So werden Persisch und Osmanisch z.b. (aber auch etliche andere Sprachen) nach der Eroberung in leicht modifizierten arabischen Lettern geschrieben. Durch das Wiederbeleben der antiken Wissenschaften findet das Arabische auch Eingang in die Wissenschaften.

Die Missionierung der eroberten Völker findet nicht in deren Sprache und Schrift statt, sondern in der Sprache der Offenbarung; des arabischen.

Dadurch findet die arabische Sprache in alle Bereichen Eingang und Bedeutung.

Bis zum heutigen Tag wird das Gebet (Salat) in allen Ländern, in dem der Islam praktiziert wird in Arabisch gesprochen.

 

Literatur:

Volker Popp: Die Koransure 112, auch Thron-Sure“ genannt: Wenige Worte, große Wirkung in imprimatur, Jg. 49, 2016, Heft 3

Selmani, Lirim. „5. Sprache der Offenbarung. Zur Rolle des Arabischen im Islam“. Handbuch Sprache und Religion, edited by Alexander Lasch und Wolf-Andreas LIEBERT; Berlin, Boston: De Gruyter 2017, pp 109-153.

Selmani, Lirim. Der Koran und die arabische Schrift: Der mündliche Prophet und seine schriftliche umma, in Zeitschrift für Religionswissenschaften, September 2019